Agiles Prozessmanagement
Agiles Prozessmanagement bzw. agiles Projektmanagement wurde in der Software-Industrie entwickelt.
Die Geschwindigkeit der Softwareentwicklung nimmt seit den 1980er Jahren ständig zu. Aufgrund der stark wechselnden Kundenbedürfnisse haben Softwareentwicklungsteams nach Wegen gesucht, ihren Entwicklungsprozess zu beschleunigen. Das war der Startpunkt der Entwicklung von agilem Prozessmanagement.
Wie funktioniert agiles Prozessmanagement?
Bei dem agilen Prozessmanagement handelt es sich um einen wiederholbaren, iterativen Ansatz. Anstatt langsam an verschiedenen Teilen einer Dienstleistung oder eines Produkts zu arbeiten und dann am Ende des Projekts alles zusammenzufügen, werden beim agilen Prozessmanagement die Projekte in kleinere Teile zerlegt. Die Teams priorisieren dann diese Teile und liefern jedes Teil kontinuierlich in Iterationen – normalerweise in Zyklen von zwei bis vier Wochen.
Vier Kernwerte des agilen Prozessmanagements
Das agile Manifesto umreißt 4 Kernwerte und 12 Leitprinzipien, die jedem Team, das eine agile Methode anwendet, als Fixstern dienen.
Die 4 Grundwerte sind:
- Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Tools
So ausgereift die Technologie auch sein mag, der menschliche Faktor wird bei jeder Art von Projektmanagement immer eine wichtige Rolle spielen. Wenn man sich zu stark auf Prozesse und Tools verlässt, kann man sich nicht an sich ändernde Umstände anpassen.
- Funktionierende Software mehr als umfassender Dokumentation
So wichtig die Dokumentation ist, eine funktionierende Software ist mehr wert. Es geht darum, den Entwicklern genau das zu geben, was sie brauchen, um die Arbeit zu erledigen, ohne sie zu überlasten.
- Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlungen
Ob interne oder externe Kunden, ihre Einbindung in den gesamten Prozess kann dazu beitragen, dass das Endprodukt ihre Bedürfnisse besser erfüllt.
- Reagieren auf Veränderung mehr als Befolgen eines Plans
Dieser Wert ist eine der größten Abweichungen vom traditionellen Management. Historisch gesehen wurde Veränderung immer mit höheren Kosten gleichgesetzt. Ein Zustand, der möglichst vermieden werden sollte.
Agiles Prozessmanagement vs traditionelles Prozessmanagement
Im agilen Prozessmanagement analysiert, entwirft, kodiert oder entwickelt und testet das Team kontinuierlich. Während der gesamten Projektlaufzeit werden all diese Aktivitäten gleichzeitig stattfinden. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu den meisten traditionellen Entwicklungsmodellen. Diese beginnen in der Regel mit einer Analyse, gehen dann in das Design über, dann in die Entwicklung und enden mit dem Testen. Alle Aktivitäten sind einmalig.
Das traditionelle Prozessmanagement fußt auf einem klassischen Projektplan. Alle Schritte bis zum fertigen, perfekten Produkt sind bekannt. Bei der agilen Prozessentwicklung ist es anders. Wie das Produkt oder Dienstleistung am Ende aussieht, ist nicht bekannt. Nur der nächstmögliche Schritt ist bekannt. Mit anderen Worten, das Team beginnt damit, etwas Einfaches zu bauen, und fügt dann schrittweise weitere Features hinzu. Dadurch kann sich die Architektur weiterentwickeln und verändern. Das Team schaut sich ihre Arbeit an und verfeinert und optimiert sie dann.
Agiles Prozessmanagement ist flexibel. Während der traditionelle Plan als gerade Linie von Punkt ‚a‘ zu Punkt ‚b‘ beschrieben werden kann, sieht agiles Prozessmanagement viel dynamischer aus. Dahinter steckt die Annahme, dass die ökonomische Realität selten so einfach ist, wie es Pläne darstellen. Im agilen Umfeld spricht man daher auch von adaptiver Planung. Planänderungen im agilen Prozessmanagement beinhalten in der Regel eine Änderung des Projektumfangs. Das bedeutet, dass Dauer, Budget, Inhalt und Qualität stark variieren können.
Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen agilem Prozessmanagement und traditioneller Entwicklung besteht darin, wie Teamrollen aussehen. In traditionellen Umgebungen sind die Entwickler von den Projektmanagern getrennt, die wiederum von den Geschäftsanalysten getrennt sind. Jedes Teammitglied hat seine Spezialität. Im agilen Prozessmanagement sind die Rollen viel gemischter. Die Arbeit in einem agilen Team kann man sich wie die Arbeit in einem Mini-Startup vorstellen: Jeder ist ein Generalist. Natürlich hat jedes Mitglied seine eigene Kernspezialität und sie halten sich in der Regel daran, aber diese Rollen sind nicht ganz so eng definiert wie in klassischen Prozessen.
Visualisierung im agilen Prozessmanagement
Effizientes agiles Prozessmanagement braucht Organisation und Transparenz. Jedes Teammitglied muss wissen, für welche Aufgaben es zuständig ist und für welche Aufgaben alle anderen verantwortlich sind. Daher ist die Visualisierung von Workflows und Prozessen wichtig. Viele Teams nutzen hierzu Kanban Boards oder andere Arten der Visualisierung.
Vorteile des agilen Prozessmanagements
- Erhöhte Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an Veränderungen
- Schnellere Bearbeitungszeiten
- Schnellere Erkennung von Problemen und Defekten
- Optimierte Entwicklungsprozesse
- Verstärkter Fokus auf spezifische Kundenbedürfnisse
- Hoher Fokus auf Teamarbeit
- Förderung von Offenheit und Transparenz
Nachteile des agilen Prozessmanagements
Wie jede andere Methode, ist eine agile Herangehensweise nicht für jeden Prozess geeignet. Vielmehr sollte die Einzigartigkeit jeder Situation berücksichtigt werden. Agile Prozesse sind empfehlenswert, wenn komplexe Aufgabenstellungen zu lösen sind. Das können Aufgaben sein, in denen es darum geht, ein neues Produkt oder Dienstleistung für ein geändertes Kundenbedürfnis zu entwickeln. Während das Kundenbedürfnis beschrieben werden kann, ist Art und Umfang des Produktes oder der Dienstleitung unklar. Es muss erst entwickelt werden.
Agiles Prozessmanagement ist im Umkehrschluss nicht empfehlenswert, wenn alle Schritte in der Prozesskette bekannt sind und Änderungen im Verlauf des Prozesses auszuschließen sind. Hier sind traditionelle, also starre, Prozesse nach wie vor zu empfehlen.
Aufgrund des weniger formalen Charakters lässt sich agiles Prozessmanagement möglicherweise nicht einfach in größere, traditionellere Organisationen integrieren, in denen Prozesse, Richtlinien oder Teams in erheblichem Maße starr oder weniger flexibel sind. Auch bei Kunden mit ähnlich starren Prozessen oder Arbeitsweisen kann es zu Problemen kommen.
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