Agile Führung – In der neuen Arbeitswelt erfolgreich führen
- Warum agile Führung?
- Für die agile Führung eine Definition finden
- Wirkungsweise agiler Führung
- Agile Führung: Passt das zu mir?
- Agile Führung vs klassische Führung
- Vier Agile Führungsmodelle
- Die vier größten Fallstricke der agilen Führung
- Sieben agile Führungsmethoden
- Zusammenfassung – Was ist agile Führung?
Warum agile Führung?
Agilität und agile Führung sind zu Buzz-Words moderner Zeiten geworden. Viele Unternehmen werden plötzlich „agil“ und führen agile Prozesse und Methoden ein. Darunter Großunternehmen und Konzerne wie Spotify, AXA, Commerzbank und Bereiche der Telekom. Warum machen diese Unternehmen das?
Wirtschaftliches Handeln findet heute unter einer hohen Unsicherheit statt. Mitarbeiter:innen und Leitende sind vermehrt im Umgang mit dem Nichtwissen gefragt. Technologische, gesellschaftliche und ökologische Umbrüche verändern unsere Welt in einem noch nie dagewesenen Tempo. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von der VUCA-Welt (Volatile, Uncertain, Complex, Ambigious). In einer VUCA-Welt ist nur die ständige Veränderung sicher. Wo sich die Welt hinbewegt, ist allerdings nicht vorherzusehen.
Wie werden Menschen in Zukunft kommunizieren, einkaufen oder Versicherungen abschließen? Welchen Einfluss werden Klimaschutz und die Forderung nach Nachhaltigkeit auf das Angebot von Unternehmen haben? Das sind alles Fragestellungen, die aktuell nicht einfach zu beantworten sind.
Die Auswirkungen technologischer Veränderung beeinflussen schon heute die Bedürfnisse der Menschen. Wieso soll man sich in die überfüllten Innenstädte quälen und sich in Schlangen anstellen, wenn sich Produkte und Dienstleistungen bequem mobil kaufen lassen?
Darüber hinaus verändern sich auch die Ansprüche auf Arbeitnehmerseite. Die berufliche Eigenständigkeit wird dabei zu einer wichtigen Determinante. Der unausgesprochene Mitarbeitervertrag von heute heißt: Ich tausche Fähigkeiten und Beiträge gegen persönliche Entfaltung und berufliche Chancen. Hinzu kommen Wünsche nach mobiler und flexibler Arbeit.
Wollen Unternehmen überleben, müssen sie Fähigkeiten institutionalisieren, die es Ihnen ermöglichen, sich schnell neuen, veränderten Situationen anzupassen. Das sind Fertigkeiten jenseits des traditionellen Managements. Diese Fähigkeit nennt sich Agilität.
Für die agile Führung eine Definition finden
Zunächst soll für die agile Führung unsere Definition dargestellt werden: Agile Führung beschreibt einen modernen Führungsstil, der sich an den Prinzipien des Agilen Manifestos orientiert. Dabei geht es um eine Führungshaltung, deren Ziel es ist, die organisationalen Regeln (Prozesse, explizite und implizite Normen) so zu gestalten, dass sich das Unternehmen schnell an die Veränderung der (sich ständig ändernden) Unternehmensumwelt anpasst.
Als Unternehmen fähig zu sein, das Kundenerlebnis schnell zu verändern und so die Konkurrenz kontinuierlich zu übertreffen, ist eine komplexe Aufgabe, die nicht – wie im klassischen Paradigma – durch die Leitenden durchdacht und durch das Team implementiert werden kann. Es ist Aufgabe der agilen Führungskraft, die Mitarbeiter dabei zu unterstützen, gemeinsam im großen Team die besten Lösungen für diese Herausforderung zu erarbeiten. Agile Führung legt den Fokus bewusst auf die Kraft der Gemeinschaft und fördert Vielfalt und Kreativität im Team.
Oftmals wissen bzw. spüren Unternehmen, dass sich etwas ändern muss. Die Schwierigkeit liegt im Beschreiben des WOHIN. Wir sind es gewohnt, ein Ziel klar beschreiben zu können. Das ist in diesem Fall allerdings nicht möglich. Daher spricht man von einem Zielraum. Aufgabe der agilen Führungskraft ist es, gemeinsam mit dem Team den Zielraum zu beschreiben und Prozesse zu implementieren, um sich dem Zielraum schrittweise zu nähern.
Dies erfolgt in Form von Kommunikationsräumen, in denen hierarchieübergreifend über die Art der Zusammenarbeit und die Ausrichtung der Organisation gesprochen werden. Durch schrittweises Lernen wird die Grundlage für eine schnelle Anpassung des Unternehmens an das komplexe, volatile Unternehmensumfeld gebildet. Welche Schritte unternommen werden und wie diese konkret aussehen, wird durch das Team bestimmt und liegt nicht im Zugriffsbereich der Führungskraft.
Das bedeutet aber nicht, dass agile Führung ein kontrollfreier Raum ist. Zum einen werden im Team Regeln der gemeinsamen Zusammenarbeit festgelegt und regelmäßig überprüft. Zum anderen legt die Führungskraft die Priorisierung der Aufgaben -das WAS – fest, während das Team in der Aufgabenbearbeitung – dem WIE – freie Hand hat. Es ist nun Aufgabe der Führungskraft, die Kontrolle der Teamergebnisse zu organisieren und zu moderieren. Die zentrale Fragestellung hierbei ist, ob das Team dem Zielraum nähergekommen ist oder nicht. Dies geschieht gemeinsam mit dem Team und ggf. weiteren Stakeholdern in einem institutionalisierten Review.
Die zentralen Werte der agilen Führung sind Vertrauen, Offenheit, Respekt, Toleranz und Vielfalt, Selbstverpflichtung, Fokus und Mut. Agile Leader sind Experten im Nichtwissen. Sie haben kein Problem unter Unsicherheit zu agieren. Leitende mit einer agilen Haltung können sich ständig verändernden Situationen sehr gut anpassen und bringen die Veränderungsnotwendigkeit erstklassig in die Unternehmenskommunikation. Sie verfügen über ein agiles Mindset und kennen die wichtigsten agilen Methoden und Frameworks.
Agile Führung klingt interessant für Sie?
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Wer kommt als erstes mit den veränderten Kundenwünschen bzw. -bedürfnissen in Berührung? Richtig, die Kollegen:innen, die direkt am Kunden arbeiten. Sie kennen den Kunden am besten und bemerken bzw. erspüren die Notwendigkeit zur Veränderung zuerst. Daher werden die Entscheidungen bei Anwendung agiler Methoden durch das Team getroffen. Das ist nicht nur zeiteffizienter, sondern hebt die Motivation in diesen Teams nachweislich an.
Die Schwierigkeit für viele Führungskräfte besteht im Loslassen bzw. darin, das Team einfach mal machen lassen. Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass im Team eine Lösung favorisiert wird, die anders ist, als sich die Führungskraft gedacht hat. Für die Leitenden aus dem klassisch-hierarchischen Paradigma bedeutet dies ein Macht- und Zugriffsverlust. Agile Leader hingegen begrüßen die Selbststeuerung von Teams und geben so viel Verantwortung in die Teams wie möglich. Sie sehen sich als Diener des Teams und haben großes Vertrauen in deren Problemlösungskompetenz.
Bei der Frage – Was ist agile Führung? – wird oft auf Google verwiesen. Um die Mitarbeiter:innen zu Eigentümern ihrer Arbeit zu machen, fasste CEO Eric Schmidt das Unternehmensziel sehr weit und überlies die Umsetzung ganz den Mitarbeitern. Aber das ist noch nicht alles. Alle Google Mitarbeiter sind angehalten, 10% ihrer Arbeitszeit ihren eigenen Ideen und Projekten zu widmen.
Diese Art des radikalen Vertrauens spielt eine Schlüsselrolle für Mitarbeiter:innen, die sich am Arbeitsplatz engagiert und anerkannt fühlen.
Laut einer Gallup Umfrage aus dem Jahr 2017 sind global ca. 85% der Mitarbeiter:innen während ihrer Arbeit nicht zu 100% engagiert und committet. Oder anders formuliert: Sie machen Dienst nach Vorschrift. Der Verlust an Produktivität wird allein in den USA auf 450 bis 550 Mrd. USD geschätzt.
Engagierte Mitarbeiter:
- kommunizieren mehr und besser
- arbeiten produktiver und produktiver
- sind bessere Teamplayer
- sind kreativer und innovativer
- „go the extra mile“
- sind glücklicher und zufriedener
- bleiben dem Unternehmen treu
Engagierte Mitarbeiter können in der Arbeitswelt von morgen den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen. Es ist Aufgabe der Leitenden, diesen Schatz an Produktivität zu heben. Eine agile Führungshaltung kann Menschen genau das geben, wonach sie im Kern in ihrer Arbeit suchen: Anerkennung, Wertschätzung, Selbstverwirklichung und Respekt.
Agile Führung: Passt das zu mir?
Ob agile Führung zu Ihrer Führungsrolle passt, hat in erster Linie mit der Art Ihres Unternehmens und den Aufgaben zu tun, die Sie als Führungskraft lösen sollen. Um Ihnen Anhaltspunkte zu geben, ob agile Führung etwas für Sie ist, können Sie sich an den folgenden 8 Punkten orientieren.
Es lohnt sich über agile Führung nachzudenken, wenn…
- …Sie nicht genau beschreiben können, wie Sie als Unternehmen zukünftig Geld verdienen wollen.
- …sich die Bedürfnisse Ihrer Kunden immer schneller verändern und die Zufriedenheit Ihrer Kunden sinkt
- …Sie als Unternehmen zu lange brauchen, um auf Vorgänge außerhalb des Unternehmens zu reagieren.
- …Sie Marktanteile verlieren und andere Unternehmen plötzlich vor Ihnen stehen.
- …im Unternehmen die Informationen nicht fließen und kritisches Feedback als Angriff missverstanden wird.
- …die Arbeitsmoral und Produktivität Ihrer Mitarbeiter:innen sinken.
- …Ihre Mitarbeiter:innen unzufrieden sind und das Unternehmen verlassen.
- …es Ihnen schwer fällt, neue Talente für Ihr Unternehmen zu begeistern.
Agile Führung vs klassische Führung
Agile Führungskräfte helfen der Organisation, die Ziele mit dem höchsten Wert zu finden und klar zu definieren. Die agile Führungskraft vertraut darauf, dass das Team das definierte Geschäftsziel erreicht. Die Leitenden geben dem Team keine Arbeitsaufträge, sie geben dem Team eine Richtung und das Team setzt die Arbeit autonom um. Agile Führungskräfte beseitigen Hindernisse, ebnen den Weg zur Zielerfüllung und halten das Produktionssystem rund um das Team aufrecht.
Die agile Führungskraft betreibt kein People-Management im klassischen Sinne. Vielmehr gestaltet sie die Arbeitsumgebung so, dass eine Gruppe von Individuen zu einem echten Team reifen kann. Während ein traditioneller Manager einer Person eine Arbeit zuweist, gibt ein agiler Manager eine Aufgabe in das Team und vertraut darauf, dass diese erledigt wird.
Dysfunktionen in Organisationen sind in der Regel auf mangelndes Vertrauen zurückzuführen. Das Team traut dem Leitenden nicht zu, dass er sie unterstützt und sie sich selbst organisieren lässt. Leitende trauen dem Team nicht zu, ein Produkt in einem definierten Zeitrahmen zu liefern. Der einzige Weg, den Mangel an Vertrauen zu brechen, besteht darin, den Mut zu haben, sich zu öffnen, die eigene Verletzlichkeit zeigen und selbst anzufangen zu vertrauen.
Wir können die oben genannten Kompetenzen und Prinzipien zu einem Vergleich „agile Führungskraft vs klassische Führungskraft“ zusammenfassen und verdichten:
Agile Führung | Klassische Führung |
---|---|
Bereitstellung von Vision, Strategie, Richtung | Vorausschauende, langfristige Planung |
Förderung der Selbstorganisation | Kontrolle der Arbeit, Aufgabenverteilung |
Unterstützung von Teams durch Beseitigung dessen, was sie behindert | Auslastung und Kapazität maximieren |
Der Experte für das Problem ist auch der Experte für die Lösung | Alleiniger Experte für die Lösung ist die Führungskraft |
Andere motivieren, indem Autonomie und Zielstrebigkeit gefördert wird | Motivation durch extrinsische Anreize (Boni, Titel usw.) |
Das Management bewegt sich dorthin, wo sich die Informationen befinden (zum Beispiel durch die Teilnahme an Sprint Reviews). | Informationen fließen in der Hierarchie nach oben (Berichte, Besprechungen). |
Tabelle: Agile Führungskraft vs klassische Führungskraft |
Vier Agile Führungsmodelle
Von agiler Führung spricht man erst seit Anfang der 00er-Jahre. Die implizite Führungshaltung, das darin enthaltene Menschenbild und der Blick auf Art der Zusammenarbeit sind allerdings alles andere als neu. Die wissenschaftliche Grundlage wurde bereits in den 1950er-Jahren gelegt. Die nachfolgenden Modelle können somit auch als wissenschaftliches Fundament der heutigen agilen Bewegung betrachtet werden. In der Literatur werden Sie daher nicht als agile Führungsmodelle bezeichnet, sondern vielmehr als Standardmodelle der Betriebswirtschaftslehre.
1. Management by Delegation (MbD)
Management by Delegation oder „Führung durch Übertragung von Aufgaben“ wurde in den 1950er-Jahren entwickelt und löste das bis dahin vorherrschende klassische Führungsmodell Management by Direction and Control ab.
Dieses Modell impliziert, dass alle Entscheidungen dort getroffen werden, wo sie relevant sind. Von daher treffen auch Mitarbeiter aus den jeweiligen Bereichen selbst Entscheidungen und tragen diese mit. Führungskräfte müssen in der Lage sein, Aufgaben und Verantwortungen abzugeben
Implikationen MbD als agiles Führungsmodell
Management by Delegations fördert Kreativität und Eigeninitiative der Mitarbeiter und führt nachweislich zu einer Steigerung der Motivation sowie der Verbesserung der Zusammenarbeit insgesamt. Allerdings ist eine hierarchische Grundordnung ein wesentlicher Bestandteil von Management by Delegation. Raum für andere Formen der Unternehmensführung, etwa die der lateralen Führung, lässt das Modell nicht zu.
2. Management by Objectives (MbO)
Management by Objectives wurde 1954 durch Peter Drucker in seinem Buch „The Practice of Management“ eingeführt. MbO ist eine Managementpraxis, die darauf abzielt, die Unternehmensleistung zu steigern, indem Ziele und untergeordnete Ziele in der gesamten Organisation aufeinander abgestimmt werden. Dieses System der Führung durch Ziele lässt sich als ein Prozess beschreiben, bei dem Leitende und Mitarbeiter gemeinsame Ziele identifizieren. Mit anderen Worten, MbO bedeutet, sich mehr auf die Ergebnisse als auf die damit verbundenen Aktivitäten zu konzentrieren. Das Top-Management verhandelt im Wesentlichen mit seinen Mitarbeitern einen Zielvertrag, ohne einen detaillierten Fahrplan für die Umsetzung zu diktieren.Implikationen MbO als agiles Führungsmodell
Die MbO-Methode soll die Effektivität der Organisation steigern, indem die Selbständigkeit und das Unternehmertum des mittleren Managements gefördert wird. Während das WAS (also das Ziel) durch das TOP-Management mitbestimmt wird, liegt das WIE (Schritte zur Zielerreichung) zu 100% bei den dafür zuständigen Bereichen. Ziel- und Managementsysteme der agilen Führung, wie bspw. Objectives and Key Results (OKR) sind Weiterentwicklungen des Modells Management by Objectives.3. Theorie X und Y
Theorie X und Theorie Y wurden erstmals von dem Sozialpsychologen McGregor in seinem Buch „The Human Side of Enterprise“ (1960) erklärt und beziehen sich auf zwei Führungsstile – autoritär (Theorie X) und partizipativ (Theorie Y). Wenn Sie glauben, dass Ihre Teammitglieder ihre Arbeit nicht mögen und wenig Motivation haben, dann verwenden Sie laut McGregor wahrscheinlich einen autoritären Führungsstil. McGregor nannte dies Theorie X. Auf der anderen Seite, wenn Sie glauben, dass Ihre Mitarbeiter stolz auf ihre Arbeit sind und sie als Herausforderung sehen, dann werden Sie eher einen partizipativen Führungsstil annehmen. Manager, die diesen Ansatz anwenden, vertrauen darauf, dass ihre Mitarbeiter Verantwortung für ihre Arbeit übernehmen und sie effektiv selbst erledigen. McGregor nannte dies Theorie Y. McGregor hält Theorie Y für gültiger und vernünftiger als Theorie X. Daher förderte er herzliche Teambeziehungen, verantwortungsvolle und anregende Aufgaben und die Beteiligung aller an Entscheidungsprozessen.Wurden Sie neugierig?
Dann kontaktieren Sie mich jetzt und ich berate Sie noch ausfürhlicher zum Thema "Agile Führung".Implikationen Theorie Y als agiles Führungsmodell
Theorie Y von McGregor impliziert, dass die Manager ein Arbeitsumfeld schaffen und fördern sollten, das den Mitarbeitern Möglichkeiten bietet, Initiative und Selbststeuerung zu ergreifen. Mitarbeiter sollten die Möglichkeit erhalten, zum Wohlergehen der Organisation beizutragen. Theorie Y fördert die Dezentralisierung von Autorität, Teamarbeit und partizipative Entscheidungsfindung in einer Organisation. Theorie Y sucht und entdeckt die Möglichkeiten, wie ein Mitarbeiter einen wesentlichen Beitrag in einer Organisation leisten kann. Es harmonisiert und gleicht die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeiter mit den Bedürfnissen und Wünschen der Organisation ab.
4. St. Gallener Führungsmodell
Das St. Gallener Modell wurde in den 1960er-Jahren an der Universität St. Gallen entwickelt. Es erlangte 1991 allgemeine Bekanntheit durch die von Knut Bleicher hervorgehobene Gliederung der Management Aufgaben in drei Ebenen.
Das Modell wurde mit dem expliziten Wunsch entwickelt, einen Ordnungsrahmen für ein verantwortungsvolles Führungshandeln zu schaffen. Hervorzuheben sind die Einflüsse der Kybernetik sowie der Systemtheorie.
Das neue St. Gallener Management-Modell versteht Organisationen als komplexe Systeme. Es distanziert sich von den drei Ebenen der Unternehmensführung und schließt eine Vielzahl von internen und externen Einflussfaktoren ein.
Implikationen St. Gallener als agiles Führungsmodell
Das St. Gallener Modell grenzt sich explizit von früheren rein auf den zweckgerichteten Rationalismus ausgerichteten Konzepten ab und betont Selbststeuerung und Rückmeldung. Es versteht sich vor allem als Instrument für Leitende, die damit Problemstellungen und Herausforderungen mit ihren Teams bearbeiten können. Es eignet sich als agiles Führungsmodell hervorragend, da es explizit die Komplexität der Unternehmensumwelt berücksichtig und einen starken Fokus auf den Menschen legt. Führung ist hier rein funktional gedacht. Dadurch ist ein vernetztes zukunftsorientiertes Denken, Handeln und Entscheiden auf allen Unternehmensebenen möglich.
Die vier größten Fallstricke der agilen Führung
1. Reifegrad prüfen
Um Mikromanagement oder traditionelles Management zu verhindern, fördern agile Führungskräfte die Selbstorganisation von Teams. Autonomie und Freiheit sind mächtige Katalysatoren, aber zu viel Autonomie oder eine zu große Veränderung ist störend und kann katastrophal enden. Die agile Führungskraft sollten lernen, die Autonomie mit der Reife der Teams in Einklang zu bringen.
2. Distanz zur Lösung
Viele agile Führungskräfte nehmen sich vor, keine Antworten (i.S.v. Lösungen) in das Team hineinzugeben, wenn das Team nicht genug Fortschritte macht oder wenn das Team nach Antworten fragt. Die Falle besteht darin, weiter Antworten zu geben. Erfolgreiche agile Führungskräfte sind in der Lage, das Team zu coachen, damit sie die Lösung selbst finden.
Was wäre der nächste sinnvolle Schritt, wenn wir xyz erreichen wollen?
Beispiel lösungsorientierter Impuls
3. SCRUM Mutti / Papi
Da agile Führungskräfte in der Regel zugänglich, offen und kooperativ sein müssen, besteht im „zu freundlich sein“ eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Zu viel Freundlichkeit führt zu Ergebnissen mit niedrigen Standards, vagen Zielen oder zu geringer Leistung. Teams werden nicht herausgefordert und geringe Qualität wird nicht korrigiert. Es ist die Aufgabe der agilen Führung, ehrgeizige Ziele zu setzen und radikal offen zu sein, wenn Ziele nicht erreicht werden oder die Qualitätsstandards zu niedrig sind.
4. Keine klaren Entscheidungsprozesse
Selbststeuernde Teams sollen Entscheidungen größtenteils selbst treffen. Dazu muss es klar sein, welche Entscheidungen wann und von wem getroffen werden. Welche Entscheidungen kann das Team selbst treffen? Und für welche Entscheidungen gehen sie an andere Führungskräfte?
Sieben agile Führungsmethoden
In den vorangegangenen Kapiteln wurde die Fragestelle „Was ist agile Führung?“ intensiv beleuchtet. Schauen wir nun auf die Praxis.
Damit agile Führung gelingen kann, ist ein gut gefüllter Werkzeugkoffer an erprobten agilen Führungsmethoden hilfreich. Nachfolgend sollen die sieben wichtigsten Methoden für agile Führung vorgestellt werden.
1. Aktives Zuhören
Der Psychologe Carl Rogers hat das aktive Zuhören erstmals als Werkzeug für die klientenzentrierte Psychotherapie beschrieben. Die Zielsetzung des aktiven Zuhörens ist es, auf der interpersonellen Ebene gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und einen wertschätzenden Umgang miteinander zu fördern.
Zu weiteren Gründen, aktives Zuhören einzusetzen, zählen:
- Verbesserung der Problemlösung
- Verminderung von Missverständnissen
- Förderung der Empathie
- Lernen durch Feedback
Die Umsetzung des aktiven Zuhörens klingt viel leichter als es tatsächlich ist. Es erfordert viel Konzentration und Entschlossenheit, ein aktiver Zuhörer zu sein. Alte Gewohnheiten sind schwer zu brechen, und bei den meisten Menschen ist die Fähigkeit aktiv zuzuhören schlecht ausgeprägt.
Lyman K. Steil veranschaulicht den Prozess des Zuhörens in vier Stufen:
- Wahrnehmung: Das interessensabhängige Hören, Begreifen von Körpersprache und Gesichtsausdruck
- Interpretation: Sinnerfassung und Deutung auf der Grundlage eigener Glaubenssätze und Erfahrungen
- Bewertung: Annahme und Ablehnung aufgrund eigenen Wissens / Wertvorstellung
- Reaktion: In einer vom Zuhörer als angemessen empfundenen Form wird auf das Gesagte verbal oder nonverbal geantwortet.
So gelingt nach Rogers das aktive Zuhören:
- Sich auf das Gegenüber einlassen, konzentrieren und durch die eigene Körperhaltung ausdrücken
- Bei Unklarheiten nachfragen
- Mit der eigenen Meinung zurückhaltend umgehen
- Nachfragen bei Unklarheiten
- Die Stille bzw. die Pausen aushalten
- Die Gefühle des Gegenübers erkennen und ansprechen
- Geduld haben und das Gegenüber nicht unterbrechen
- Blickkontakt halten
- Sich durch Vorwürfe und Kritik nicht aus der Ruhe bringen lassen
Wenn ich mir nur eine Methode für meinen Werkzeugkoffer als agile Führungskraft aussuchen könnte, dann wäre es aktives Zuhören. Alle weiteren Methoden bauen faktisch darauf auf.
2. Feedback
Der amerikanische Psychologe, Dr. Marshall Rosenberg, entwickelte in den 1960er Jahren den Ansatz der gewaltfreien Kommunikation (GFK). Im Jahr 2012 untersuchten die Psychologen Connor und Wentworth die Auswirkungen eines sechsmonatigen GFK-Trainings bzw. -Coachings auf 23 Führungskräfte der Fortune-100-Unternehmen und stellten einen systematischen Zusammenhang zwischen der Anwendung der GKF-Feedback-Methode und dem wirtschaftlichen Erfolg her.
Schritt-für-Schritt Anleitung für den von Rosenberg erforschten Feedback-Ansatz:
- Beobachtung: Erwähnen Sie konkrete Fälle, in denen das Teammitglied unterdurchschnittlich oder gut abgeschnitten hat. Beginnen Sie diesen Teil Ihres Feedbacks besser mit Sätzen wie Was ich beobachte/Wenn ich sehe/höre…
- Gefühl: Beschreiben Sie Gefühle und Auswirkungen, die durch die Handlungen der Person hervorgerufen werden.
- Bedürfnisse: Beschreiben Sie welches Bedürfnis von Ihnen, dem Team oder dem Unternehmen durch die Handlung verletzt wurde.
- Bitte: Stellen Sie am Ende Ihres Feedbacks eine Anfrage. Wenn Sie mit der Bereitstellung von Fakten, der Beschreibung der Auswirkungen und der Definition von Bedürfnissen fertig sind, benennen Sie die genauen Maßnahmen, die Sie in Zukunft von dem Teammitglied erwarten: Wären Sie bereit, …?
3. Daily Standup
Bei Daily Standups handelt es sich um kurze, tägliche Treffen, in denen die Teammitglieder den Fortschritt Ihrer Arbeit überprüfen und neue Probleme untersuchen.
Der Ablauf des ca. 15-minütigen Meetings ist immer gleich. Jeden Teammitglied beantwortet folgende Fragen:
- Was hast du gestern gemacht?
- Was wirst du heute tun?
- Gibt es Hindernisse?
Das Ziel ist es, das Team für diesen Tag auf den gleichen Stand zu bringen, sodass eine Klarheit dahingehend besteht, wer was tut, was Priorität hat und was warten kann, und alle ausstehenden Blocker und Fragen angesprochen werden können.
Daily Standups sind als fokussierte Methode konzipiert, um ein Team auf das, was im Unternehmen passiert, auszurichten. Sie sind ein Planungsmeeting, kein Statusmeeting.
4. Objectives and Key Results (OKR)
OKR (Objectives and Key Results) ist ein von Intel entwickelter und von mehreren Silicon Valley-Unternehmen übernommener Zielsetzungsrahmen.
Ein OKR besteht aus zwei Komponenten, dem Ziel (Was wollen wir erreichen?) und einer Reihe von quantifizierbaren Schlüsselergebnissen (Woher wissen wir, ob wir auf dem richtigen Weg sind?).
Das Hauptziel von OKR ist es, eine zielkongruente Ausrichtung in der Organisation zu schaffen. Um dies zu erreichen, ist Transparenz entscheidend. OKRs sind für alle Unternehmensebenen öffentlich. Alle OKRs, einschließlich der CEOs, sind normalerweise im Intranet verfügbar. OKRs existieren, um klare Prioritäten zu setzen und die Organisation zu fokussieren.
OKRs, die an tiefere Geschäftsergebnisse gebunden sind, fordern das Team auf, einen Schritt zurückzutreten, seinen Hauptfunktionsbereich zu verlassen, mehr über Kunden zu erfahren und zu fragen, warum bestimmte Entscheidungen getroffen werden. OKRs fördern ganzheitliches Denken in Organisationen. Mit Hilfe von OKRs können agile Prozesse ergebnisorientierter gestaltet werden. OKRs sind in Großunternehmen eine anschlussfähige agile Methode, weil dadurch eine Brücke zu klassischen Formen der Organisation geschlagen werden kann.
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Die Methode bzw. das Spiel Delegation Poker wurde von dem Vordenker Jurgen Appelo entwickelt. Und so funktioniert es:
Jedes Teammitglied erhält einen Kartensatz, der von 1-7 durchnummeriert ist. Jede Nummer steht für eine unterschiedliche Ebene der Delegation. Von „1“ = Verkünden (Führungskraft trifft Entscheidung), „2“ = Verkaufen (Führungskraft entschiedet, versucht das Team aber zu überzeugen), „3“ = Befragen (Führungskraft holt sich Rat vom Team und entscheidet danach), „4“ = Einigen (Team und Führungskraft finden Konsens), „5“ = Beraten (Führungskraft berät, ABER Team entscheidet), „6“ = Anfragen (Team entscheidet, Führungskraft erkundigt sich nach Ergebnis) und „7“ = Delegieren (Das Team entscheidet vollkommen autonom).
Im nächsten Schritt wird eine Liste mit Aufgaben gemeinsam zusammengestellt, die die Arbeit des Teams betreffen. Hierzu zählen beispielsweise Entscheidungen zu folgenden Themen:
- Arbeitszeit
- Urlaubsvertretung
- Arbeitsaufgaben
- Strategie
- Ziele
- Gehalt
- Zusammensetzung des Teams, etc.
Die agile Führungskraft liest dann eine der Fragen vor und lässt alle Teammitglieder auf einmal zeigen, welche Karte ihrer Meinung nach am besten widerspiegelt, wie viel Entscheidungsbefugnis sie haben. Wird mir gesagt, was ich tun soll? Oder kann ich selbst entscheiden?
Die Methode eignet sich hervorragend bei der Begleitung eines agilen Teams. Es geht darum, Aha-Momente zu kreieren, indem die verschiedenen Autoritätsebene (aus verschiedenen Blickwinkeln) offengelegt werden.
6. Lean Canvas
Lean Canvas ist eine einseitige Businessplan-Vorlage, die von Ash Maurya erstellt. Es ist aus dem Business Model Canvas von Alex Osterwalder adaptiert und für Lean Startups optimiert. Es ersetzt aufwändige Businesspläne durch eine einseitige, intuitive Visualisierung.
Agile Führungskräfte können Lean Canvas als Brainstorming- bzw. Kreativitäts-Tool nutzen, um gemeinsam mit Post-its oder Boardmarkern Elemente des Geschäftsmodells zu skizzieren und zu diskutieren. Es ist ein praktisches Werkzeug, das Verständnis, Diskussion, Kreativität und Analyse fördert. Lean Canvas eignet sich eher für Startups.
7. True North
Mit dem True North soll der Organisation ein Kompass gegeben werden, anhand dessen Entscheidungen bewertet werden können.
Dies kann in Form von Mission, Vision und Werten ausgedrückt werden:
• Mission: Unser Zweck, warum wir existieren
• Vision: Wohin wir gehen / wie wir sein wollen
• Werte: Wie wir uns gegenüber unseren Kunden verhalten und miteinander
Der True North kann durch die agile Führung als handlungsleitendes und richtungsweisendes Werkzeug angewandt werden. Mit Hilfe des True North können alle Entscheidungen in Organisationen daraufhin überprüft bzw. reflektiert werden, ob diese im Sinne der Mission, Vision und Werte stehen.
Zusammenfassung – Was ist agile Führung?
Die digitale Transformation von Geschäftsmodellen hat für immer mehr Unternehmen einen hohen Stellenwert. Mehr als jeder andere Faktor besteht der Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Transformation darin, Führungskräften zu helfen, neue Denkweisen und Fähigkeiten zu entwickeln. Wenn Sie dies auf agile Weise tun, können Sie sich schneller bewegen, Innovationen vorantreiben und sich sowohl an die sich ändernde Umgebung anpassen als auch diese erfolgreich gestalten.
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